Dojo Groß-Umstadt organisierte Kata-Special-Course mit 1000 Teilnehmern
(dor) Eine entspannte Atmosphäre bei hoher Teilnehmerzahl herrschte beim „Kata Special Course“ in Groß-Umstadt am langen Himmelfahrtswochenende. Viele Gäste aus ganz Deutschland und Europa fühlten sich einfach wohl, im Rahmen dieser bedeutenden Karate-Großveranstaltung hier eine Art Kurzurlaub zu verbringen. Andere nutzten eher wettkampforientiert das Meeting mit rund 1000 Teilnehmern, um ihre Leistung zu verbessern und sich intensiv mit ihrem Sport auseinanderzusetzen.
Pünktlich zum Lehrgangsbeginn am Donnerstag lachte die Sonne über Umstadt, wohin die Teilnehmer meist mit ihren Familien gekommen waren, Acht- bis Achtzigjährige, Anfänger wie Kadermitglieder. Das lange Wochenende nutzten viele aus, dem laut Veranstalter, dem Verband „Karate-Gasshuku e.V.“, weltgrößten Karate-Meeting beizuwohnen. Als Ausrichter fungierte das Groß-Umstädter Karate-Dojo unter Leitung von Cheftrainer Christian Gradl, das bereits zum elften Mal innerhalb von 25 Jahren die von allen Seiten attestierte hervorragende Organisation und einen reibungslosen Ablauf gewährleistete. 200 Helfer waren hierfür beinahe rund um die Uhr im Einsatz. „Mit den Vorbereitungen waren wir zwei Jahre lang beschäftigt“, berichtet Gradl.
Man habe diese Veranstaltung 1994 erstmals übertragen bekommen. „Die Stadt Groß-Umstadt ist da einmalig“, betont Gradl die tolle Zusammenarbeit mit dem Magistrat. „Ganz maßgebend der Bürgermeister Joachim Ruppert und Stadtrat Diethard Kerkau. Wir haben hier die Infrastruktur, mit zwei Hallen nebeneinander. Das ist eine der Voraussetzungen, genauso wie kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten.“ Bemerkenswert sei auch die Unterstützung des Landkreises Darmstadt-Dieburg, dankt Umstadts Dojo-Leiter dem Landrat Klaus Peter Schellhaas.
Von Flensburg bis Füssen waren Teilnehmer nicht nur aus dem ganzen Bundesgebiet auf die Weininsel gekommen. Aus verschiedenen anderen Ländern wie Russland, Italien, Spanien, England, Irland oder Skandinavien hatte man teils weite Wege auf sich genommen, um mit dabei zu sein. Im Vordergrund stand neben dem mehrtägigen intensiven Training der Austausch mit hochkarätigen Sensei aus Deutschland und der ganzen Welt. Ein Ziel dabei, die Leidenschaft Karate mit anderen Begeisterten aus dem In- und Ausland zu teilen und in Gemeinschaft zu erleben. So las sich allein die Liste der Trainer wie das Who is Who der internationalen Karate-Szene. Sie unterrichteten vor- und nachmittags Sportler jeglicher Alters- und Leistungsstufen, leiteten mitunter mehr als 200 Karatekas in der großen Heinrich-Klein-Halle bei intensiven Übungseinheiten an. Nebenan in der Umstädter Stadthalle mit direktem Zugang wurde ebenfalls trainiert.
Freundschaften knüpfen über Ländergrenzen hinweg und die Kameradschaft vertiefen, dazu diente das Beisammensein vor und nach den Trainings. Abends wurde die Umstädter Altstadt mit ihren vielen Lokalen erkundet oder am Zeltplatz gegrillt und noch lange zusammengesessen. Denn die große Sporthalle der Ernst-Reuter-Schule hatte sich in ein riesiges Matratzen- und Feldbettenlager verwandelt, das Außengelände in einen Campingplatz, und der Pausenhof glich, voll mit Wohnmobilen, einer Wagenburg. Auf dem Weg durch Wiesen und Felder zum Trainingsort hin und zurück begegnete man weißgekleideten Fußgängern und Radfahrern mit Sporttaschen, so wie in der ganzen Innenstadt. Im weiteren Umkreis waren sämtliche Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen für die Gäste aus Heilbronn, Hannover, Stuttgart, Hamburg, Bingen, München, Berlin oder Troisdorf ausgebucht. Für Frühstück und Mittagessen sowie Verpflegung zwischendurch war bestens gesorgt. Wer die 20 Euro in einen umweltfreundlichen, eigens für diesen Anlass produzierten und in England bedruckten Mehrwegbecher investierte, konnte vier Tage lang eine Kaffee-Flatrate genießen. „Unser Beitrag zur Nachhaltigkeit“, so Christian Gradl.
Ebenso wie die Sauberkeit der sanitären Einrichtungen bewältigten die vielen engagierten Helfer - Mitglieder und Freunde des Umstädter Dojos - viele weitere Aufgaben mit Bravour. Auch das Feiern durfte nicht zu kurz kommen. Zur großen Abschlussfete am Samstagabend wurde in die Stadthalle eingeladen.
„Die Lehrgänge hier sind super gut organisiert“, fand eine langjährige Teilnehmerin aus Darmstadt. „Die Cafeteria ist total klasse, ein sehr angenehmes Dojo. Alle sind sehr nett. Ich komme immer gerne hierher. Die Halle ist sauber, das ist auch wichtig.“
Ihren ersten großen Lehrgang erlebte Lisa-Marie Schön aus Neuötting (11), die seit fünf Jahren beim Karate ist. Sieben Stunden für 500 Kilometer. „Groß-Umstadt ist für uns ein ganz normaler Termin. Alle Kata-Lehrgänge sind Pflichttermine“, sagte ihr Dojoleiter Gerhard Schöpfmann, der zum dritten Mal hier war. „Für uns ist wichtig, dass unsere Jugend so etwas auch mal mitmacht und auch andere Trainer kennen lernt.“
Im Dojo an der Siemensstraße bereitete sich unterdessen die Deutsche Karate-Nationalmannschaft mit Nationalcoach Thomas Schulze auf ihre nächsten Wettkämpfe vor. Zum A-Kader gehören Mahassen Jaffal und Emily Bevier. „Wir schlafen auch dort im Dojo“, berichtet die 19-Jährige, „zum Zusammenschweißen aller Freundschaften.“ Vor allem viel Spaß genießen die beiden bei ihrem Sport. „Manchmal lachen wir uns auch kaputt. Das gehört doch dazu.“ Die Freundinnen aus Mannheim wollen „noch mehr Trainer sein. Und vielleicht mal ein eigenes Dojo haben“. Mindestens fünfmal pro Woche sind die Studentinnen mit Karate beschäftigt, berichten sie. „Unfassbar viel“ gebe ihr das Karate, erklärte Emily, das bei ihnen beide sehr großen Räume einnehmen. Karate sei Ausgleich, beruhige sie und mache sie stark. „Es ist unser Leben“, sagt Freundin Mahassen (22).
Dass Karate bis ins hohe Alter möglich ist, betonen Karin Hallmann (65) und Trainingskollege Hans-Peter Bach aus dem Saarland. „Es ist ja auch Kopfsache. Wenn man älter ist, braucht man zwar länger, um etwas abzuspeichern. Aber wenn man’s dann kann, hat man das Erfolgserlebnis.“ Damit man nicht so schnell einroste und „wir so lang wie möglich beweglich bleiben“, nennt der 66-Jährige neben ihr als Motivation. Und wenn er so manche alten Leute sehe, meint er: „Wir laufen dem Rollator davon.“
Darmstädter Echo, 03. Juni 2019
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